Freitag, 24. September 2010

... von denen die auszogen, das Fürchten zu lehren

Das Tagewerk vollbracht, den Scotch auf dem Tisch und die Nerven entspannt lasse ich gerade meine Gedanken ein wenig schweifen – und kam unausweichlich zu dem am Montag ausgestrahlten Artikel hinsichtlich der Schein-Werkverträge und eines erneuten „schwarzen Schafes“ das medienwirksam enttarnt wurde und wegen dem wir uns – die Branche – wieder auf sämtlichen Ebenen vor – zur Recht – empörten Gutmenschen rechtfertigen müssen.

Wieder ein Dämpfer für jedwede Form von positivem Marketing, positiven Meldungen und Initiativen – so es sie denn gäbe – von unseren Verbänden und Tarifpartnern, welche die Arbeitnehmerüberlassung ins rechte Licht rücken könnten.

Doch Nein - wieder gab es ein rücksichtsloses und egoistisches Unternehmen, dass einzig und allein des Umsatzes wegen auf jedwede Form von Moral, Anstand, Wirtschaftsethik und – Gott verdammt nochmal ! – Vernunft geschissen hat.
Wieder „nur“ ein schwarzes Schaf.

Ich bin mit Sicherheit alles andere, als ein naivromantischer, dunkelroter Idealist – aber alles hat seine Grenzen. Es gibt Dinge, die man einfach nicht tun, Aufträge die man nicht annehmen und Konditionen die man sich nicht aufzwingen lassen sollte.
Der betriebswirtschaftliche Verstand und ein Grundmaß an moralischer Verantwortung sollte es uns verbieten.

Nun sitze ich hier – wieder einmal – und kann mir, ganz gleich wie sehr ich mich mühe, nicht einreden, dass dies ein Einzelfall war.

Herr Majewski brachte es in seinem Beitrag auf den Punkt: Solche Dinge sind gelebter Alltag.

Ebenso wie alles weitere, was der Branche in regelmäßigen Abständen vorgeworfen wird.

Falsche Eingruppierungen, falsche Lohnfortzahlung, falsche KuG-Abrechnungen, Missbrauch von 400 EUR Jobs, widerrechtliche Lohnkürzungen, Missachtung des AEntG und der Baubetriebeverordnung – ob aus Vorsatz oder aus Inkompetenz heraus ist hierbei nebensächlich, da es im Ergebnis keinen Unterschied macht.

Doch ich frage mich, wohlgemerkt als ehemaliger Insider, ob diese Tatbestände – und ich benutze bewusst diese Nomenklatur, da oftmals die Grenze zur strafrechtlichen Relevanz zum Greifen nahe ist – wirklich die Handlungen einzelner Angestellter sein können.

Können in Zeiten, in denen selbst „Manni’s Kiosk“ um die Ecke einen Controller beschäftigt und Kennzahlen dokumentiert, wirklich einzelne Angestellte ohne Anweisung und/oder stillschweigende Duldung einen Missbrauch der Arbeitnehmerüberlassung in diesen Dimensionen aufbauen und vor Ihrer Obrigkeit geheim halten ?

Ich bin der Meinung, mich an dieser Stelle einem äußerst prekären Thema zu nähern, doch auch auf die Gefahr hin, demnächst mit einem verlängerten Zahnarzt-Spiegel den Unterboden meines Wagens prüfen zu müssen, bevor ich die Zündung betätige, werde ich diesen Gedankengang zu Ende führen.

Und ich denke – in aller Deutlichkeit – NICHT, dass ein Angestellter oder auch ein leitender Angestellter über einen mittelfristigen Zeitraum hinweg unbemerkt das Instrument der Arbeitnehmerüberlassung – gleich in welcher Form – zu missbrauchen vermag, ohne das Kennzahlen existieren, die dies offenkundig und transparent werden lassen.

Viele Unternehmen schreiten in einem solchen Fall ein – doch, so fürchte ich - ebenso viele dulden es stillschweigend, wenn es in der BWA positiv darstellbar bleibt. Man lädt diese „Munition“ in sein Magazin für den Fall, dass eines Tages ein Grund benötigt wird, den betreffenden internen Mitarbeiter zu entsorgen – doch solange die Zahlen positiv sind, werden nur wenige eingreifen.

Und das führt mich zu einem durchaus bedenklichen Umkehrschluss, auf den mich u.a. auch viele Privatnachrichten nach meinem ersten Beitrag gebracht haben:

Viele intern Beschäftigen wollen vielleicht gar nicht grenzwertig arbeiten, nur lassen die mündlichen Arbeitsanweisungen der Obrigkeit gar keine Alternative zu. Entweder man spielt mit oder das Arbeitsverhältnis findet ein mehr oder weniger abruptes Ende.

Was soll man tun ?

Man steht allein gegen ein ganzes Unternehmen.
Und wenn man nicht seiner Frau und seinem Kind daheim erzählen möchte, dass man leider ab dem nächsten Monatsersten nur noch 68% seines letzten Verdienstes zu Verfügung hat, beugt man sich. In der heutigen Zeit ist für Altruismus und Edelmut kein Platz – möglicherweise gab es diesen Platz nie, doch das ist ein anderes Thema.

Diese – je länger ich darüber nachdenke, desto plausibler werdende – Darstellung eines delegierten Missbrauchs hat mich auf eine Idee gebracht.

Eine unabhängige Instanz, welche die Schlachten der intern Betroffenen an Ihrer statt schlägt und den internen Mitarbeitern – allen internen Mitarbeitern – eine Stimme und eine Plattform bietet, Widerstand zu leisten gegen Arbeitgeber die Ihre internen Angestellten zu Arbeitsweisen der  „schwarzen Schafe“ nötigen – eng betrachtet dazu nötigen, selbst ein schwarzes Schaf zu werden.

Die Branche muss einen Weg finden, sich selbst zu bereinigen, bevor die Reputation der Arbeitnehmerüberlassung unwiderruflich geschädigt ist.

Weder Tarifpartner, noch unsere Verbände, noch die Presse noch das LAA vermag, uns ausreichend zu regulieren. Darum sollten wir dies – meiner Meinung nach – selbst in die Hand nehmen.

Unserer selbst willen und um den Willen jener, die – unbeabsichtigt und ungewollt – durch unser Nichthandeln geschädigt werden.

Es ist an der Zeit.
Zeit für einen „inneren Kreis“.
Zeit für eine Institution, welche die weißen von den schwarzen Schafen trennt.
Zeit für einen Hirtenhund, welche die weißen Schafe vor dem Wolf beschützt.
Zeit für eine – flächendeckend – seriöse Zeitarbeit.
Unsere Zeit.


Autor: Sebastian Strottmann













1 Kommentar:

  1. Ein einfaches Beispiel eines Kodex:

    Verhaltenskodex für Personaldienstleister

    Präambel

    Als wichtige Marktteilnehmer sind Personaldienstleister ihren Kunden und ihren Mitarbeitern verpflichtet. Sie gestalten einen wesentlichen Teil der wirtschaftlichen Abläufe mit. Darüber hinaus sind sie sich ihrer eigenen gesellschaftlichen Verantwortung im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft bewusst. Sie wollen auf Grundlage eines professionellen und auf Fairness basierenden Ansatzes ihren Beitrag zur Verbesserung der Qualität ihrer Leistung sowie der Außenwirkung von Personaldienstleistungen im allgemeinen leisten.

    § 1

    Die Personaldienstleister bekennen sich zu einer fairen, seriösen und werteorientierten Zeitarbeit.

    § 2

    Die Personaldienstleister erklären, dass diese die bestehenden Gesetze und Verordnungen nicht verletzen und die jeweils gültigen Tarifverträge korrekt anwenden und auch für werkvertragliche Dienstleistungen die Tarife der Zeitarbeit anwenden.

    § 3

    Grundvoraussetzung einer seriösen und werteorientierten Zeitarbeit ist die richtige Eingruppierung im Tarifvertrag und die Einhaltung der jeweiligen Mindestlohnbestimmungen.

    § 4

    Sie wirken darauf hin, dass ihr geschäftliches Handeln, gleichermaßen verantwortungsbewusst gegenüber externen und internen Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten sowie der Gesellschaft ausgerichtet ist.

    § 5

    Seriöse Personaldienstleister wehren sich gegen Lohn- und Preisdumping auf dem Rücken der Mitarbeiter oder Geschäftsmodelle zur Gewinnoptimierung per ALG-Aufstockung auf Kosten der Steuerzahler.

    Wenn das auch noch überprüft wird, wäre das ein riesen Schritt zur seriösen Zeitarbeit.

    Norbert Fuhrmann

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