Donnerstag, 14. Oktober 2010

Kartenhaus der Glaubwürdigkeit

Mindestlohn Zeitarbeit. Ein Thema, dass die Republik spaltet. Als Heilbringer zur positiven Verbesserung des Image der Zeitarbeitsbranche gefeiert, gewinnt dieses Modell immer mehr Befürworter. Auch politisch.

Besonders die CDU/CSU tritt innerhalb der Bundesregierung mit voller Überzeugung für den Mindestlohn Zeitarbeit ein, den sie in der letzten Legislaturperiode noch wehement gegen ihren damaligen Bündnispartner SPD verhindert hat.  Der Mindestlohn Zeitarbeit, der seitens der Union ja neuerdings so wichtig erscheint, wäre also schon längst gelebte Realität, hätte sie ihn selbst nicht verhindert.

Nachdem sich nun alle relevanten Zeitarbeitsverbände (AMP/BZA, iGZ und BVD) sowie beide gewerkschaftlichen Tarifgemeinschaften (DGB und CGZP) zum 01. Mai 2011 auf eine gemeinsame einheitliche Lohnuntergrenze für Zeitarbeiternehmer geeinigt haben und auch der BDA diesen nun vorbehaltslos unterstützt, stehen die Chancen für einen Mindestlohn Zeitarbeit gar nicht mal schlecht. Okay...auch 20 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands konnte oder wollte man immer noch nicht auf Ost- und Westlöhne verzichten. 

Lediglich die FDP weicht derzeit nicht davon ab, diesem Mindestlohn nicht zustimmen zu wollen und stattdessen Equal Pay, also gleichen Lohn für gleiche Arbeit zu fordern und bleibt damit gleich zwei ihrer Grundsätze treu, die sich zudem in diesem Kontext auch noch als äußerst arbeitnehmerfreundlich entpuppen:
  1. Löhne werden nicht gesetzlich diktiert, sondern frei zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern bzw. den Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ausgehandelt.
     
  2. Leistung muss sich lohnen. Also auch gleicher Lohn für gleiche Arbeit für Zeitarbeiter.
Das schmeckt natürlich vielen Akteuren der Zeitarbeit nicht. Aber was spricht eigentlich dagegen, mal abgesehen vom geringfügig höheren bürokratischen Aufwand, den Zeitarbeitsfirmen und ihre Kunden hierzu betreiben müssten? Wenn überhaupt, denn wie hoch Equal Pay tatsächlich ist, könnte einfach im jeweiligen Arbeitsnehmerüberlassungsvertrag (AÜV) vermerkt bzw. in diesem rechtsverbindlich dokumentiert werden, ohne nur ein einziges zusätzliches Blatt Papier hierfür produzieren zu müssen. Was spricht also gegen das Modell: Als Mindeststandard gilt der Zeitarbeitstarif, den Arbeitgeber und Gewerkschaften hierzu miteinander ausgehandelt haben und immer dann, wenn die Stammbeschäftigten eines Kundenunternehmen mehr verdienen, so erhält auch der Zeitarbeitnehmer mehr Geld. Eben gleichen Lohn für gleiche Arbeit. Einen gleichen Lohn, der übrigens ebenfalls nicht durch den Gesetzgeber, sondern zwischen Arbeitsvertrags- bzw. Tarifpartner frei miteinander ausgehandelt wurden. 
 
Ist der vermeitlich faire Mindestlohn Zeitarbeit tatsächlich so fair, wie er der Gesellschaft verkauft wird oder eigentlich nur dazu da, Zeitarbeitern den gleichen Lohn für gleiche Arbeit, dann nur schicker, weiter legitimiert verweigern zu können?

Parallel häufen sich die Berichte, dass Zeitarbeitsunternehmen immer stärker ein Nebengeschäft betreiben, nämlich Werkvertragslösungen. Sie übernehmen selbständig ganze Abteilungen oder Arbeitsabläufe in anderen Unternehmen. Völlig legitim. 

Merkwürdig hierbei ist, dass manche von ihnen, die sich bei den jeweiligen Fraktionen in Bund und Ländern förmlich für den Mindestlohn Zeitarbeit die Hacken wund laufen, weil dies in ihrem Kerngeschäft nur fair gegenüber ihren Mitarbeitern wäre, dann aber hingehen und in diesen Nebengeschäften der Werkverträge teilweise ihren Mitarbeitern (völlig legal) nur den halben Lohn zugestehen, den sie im Rahmen der Zeitarbeit selbst noch als fairen Mindeststandard anpreisen.

Meine persönliche Meinung ist, dass dem offensichtlich schlechterem Modell Mindestlohn Zeitarbeit jetzt nur noch in dem Kontext seitens aller Regierungsparteien als guter Kompromiss zugestimmt werden kann bzw. darf, wenn die Verbände AMP/BZA, iGZ und BVD mindestens eine gemeinsame Selbstverpflichtung abgeben, dass ihre Mitgliedsunternehmen auch bei Werkvertragslösungen ihren eigenen Zeitarbeitstarif anwenden. Nur das schafft Vertrauen und Glaubwürdigkeit sowie eine wirklich faire Lösung für die Mitarbeiter der Zeitarbeitsunternehmen. Sie würden hiermit auch der Bundesregierung gegenüber authentisch signalisieren, dass es ihnen wirklich ernst ist, faire Mindeststandards errichten und schützen zu wollen und das sie sich zudem nicht das Hintertürchen (Schein-)Werkvertrag offen halten wollen.

1 Kommentar:

  1. Die Ordnungspolitische Diskussion Mindestlohn oder Equal Pay sollte nicht als entweder das Eine oder das Andere geführt werden.

    Wer den Weg des Equal Pay gehen sollte, der muss auch andere Gesetze ändern,damit das reine Agenturprinzip (z.B.wie in Frankreich) auch umgesetzt werden kann. Bleibt man bei dem "Unternehmensprinzip" einer längerfristigen Beschäftigung über einen Einsatz hinaus, dann ist ein Mindestlohn im Entsendegesetz notwendig, do sonst Firmen, die nicht das deutsche Arbeitsrecht mitbringen, Vorteile haben.

    Entscheidend bei allen Reglung ist jedoch, dass endlich die "Tricksereien" aufhören: Werkverträge, etc.
    Denn nur so wird der Ruf besser.

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